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Heiße Diskussion zum Thema Risikoprüfung in der BU-Versicherung
Offener Brief an die Franke und Bornberg GmbH in Bezugnahme auf den Artikel Eine Risikovoranfrage ist im BU-Geschäft unverzichtbar und … die Erde ist eine Scheibe oder die Frage „Warum bezahlt Franke&Bornberg nicht einfach die Anwender für praktische Verbesserungsvorschläge?“
Liebes Team von Franke&Bornberg, liebe Frau Bornberg,
abermals freue ich mich sehr über die regen Diskussionen in den verschiedenen Netzwerken zu einem Thema, dass mir persönlich aus vielen Gründen enorm am Herzen liegt – die passende Absicherung für den Fall des Verlustes der Arbeitskraft, insbesondere die Berufsunfähigkeitsversicherung.
Mit Ihren Aussagen im Artikel „Eine Risikovoranfrage ist im BU-Geschäft unverzichtbar und … die Erde ist eine Scheibe“ entfernen Sie sich sehr deutlich von dem was des Versicherungsmaklers Berufsalltag ist in der Vermittlung von Berufsunfähigkeitsversicherungen bzw. Arbeitskraftabsicherungen. Es ist richtig, dass inzwischen viel zu viel Arbeit in Details gesteckt werden müssen, deren Vorteile Kunden nur nach eingehender Recherche einleuchten können. Dazu gehört unter anderem die Notwendigkeit, dass eine Interessent/in für die Arbeitskraftabsicherung zuvor ihre/seine Historie hinsichtlich der Gesundheit aufarbeiten muss. Viele wissen nicht einmal um das oder min. nicht in Gänze, was z.B. der behandelnde Arzt in der Krankenakte vermerkt hat.
Der Kollege Tobias Bierl beantwortet Ihren Artikel in seinem Blog unter „Die Praxis trifft auf die Theorie oder die kleine Finanzberatung Bierl vs. Franke & Bornberg 😉“ sehr treffend. Vielleicht sind Begrifflichkeiten nicht immer 100% zutreffend, aber Herr Bierl spricht die Sprache derer, die BU-Versicherungen benötigen. Aus seiner Sicht fast schon erstaunlicherweise auch außerhalb von Bayern. Man sollte sich aber an dieser Stelle weniger an den sprachlichen Besonderheiten orientieren als an der Sache selbst.
Warum sollen Versicherungsmakler Arbeitsbereiche von Versicherungen selbst ausführen?
Es ist völlig klar, dass hier das kurz-, mittel- und langfristige Ziel der Kostenreduzierung im Raum steht. Dabei geht es um die Kostenreduzierung bei Versicherungsunternehmen und nicht wie häufig behauptet darum, uns Versicherungsmaklern die Arbeit leichter zu machen. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn schließlich schreiben Sie ja selbst unumwunden „Finanziert wird vers.diagnose von den Initiatoren Munich Re und Franke & Bornberg sowie von den Produktpartnern Allianz Leben, Alte Leipziger, AXA, Barmenia, DBV, Delta Direkt, HDI, KlinikRente, LV 1871, Metallrente, die Stuttgarter, Signal Iduna, SwissLife, Volkswohl Bund und Zurich.“*
Und tatsächlich, ein Arbeitsschritt, der vorher von qualifizierten Arbeitskräften in den Versicherungsunternehmen ausgeführt wurde, soll nun möglichst weitgehend auf Versicherungsmakler abgewälzt werden. Wenn mit dem angebotenen Tool nun eine Prozessoptimierung im Maklerhaus einher ginge, so würden sich sicher mehr Versicherungsmakler für Ihr Tool interessieren. Genau genommen wäre ich für eine echte Arbeitserleichterung sogar bereit zu zahlen. Für die Anwendung dieses Tools allerdings, sollte Franke&Bornberg die Versicherungsmakler bezahlen, die im Austausch dafür Fehler und andere Hindernisse im Prozess melden. Warum man dies bislang (soweit mir bekannt) nicht schon tut, erschließt sich mir nicht. Vielleicht liegt es an einem unbegründeten und unerschütterlichen Optimismus hinsichtlich des praktischen Mehrwertes für Versicherungsmakler.
Wenn mal wieder nichts als unbezahlter Mehraufwand bleibt
In Ihrem Artikel versuchen Sie wiederholt Hoffnungen in vers.diagnose zu wecken, die bei weitem (noch) nicht erfüllt werden. Jeder der das Tool je verwendet hat, weiß genau wovon hier geschrieben wird. Oft kommt es dazu, dass nichts als Mehraufwand bleibt, weil z.B. mal wieder mal eine manuelle Risikoprüfung als erforderlich angezeigt wird oder Ihr Risikoprüfungstool bestimmte Diagnosen nicht oder nur unzureichend einordnen kann oder die sich anschließenden Fragen keinen Sinn ergeben. Die zusätzliche Haftung für die vom Vermittler durchgeführte Risikoprüfung verbleibt beim Vermittler, denn Verantwortung für eventuelle Fehler werden weder Franke&Bornberg noch die teilnehmenden Versicherungsunternehmen tragen.
Vielleicht, aber nur vielleicht erweist sich Ihr Tool in einigen Jahren mal als wegweisend. Die praktische Anwendung bestätigt aber bisher, dass bis dahin noch ein langer Weg zu gehen ist. Da geht es zum einen um die Anzahl der Versicherer, wobei Sie ja schon einige mehr oder weniger doppelt aufführen. Die Anzahl der teilnehmenden VU wird dadurch künstlich aufgebläht. Das ist Ihr gutes Recht, aber soweit bekannt zeigen z.B. die zum AXA Konzern gehörigen AXA Lebensversicherung und DBV Lebensversicherung immer die gleichen Ergebnisse. Genauso verhält es sich mit LV 1871 und Delta Direkt (gehört zu LV 1871) und SwissLife und Metallrente (Konsortialführer und abwickelndes Unternehmen ist dort SwissLife) sowie bei der Klinikrente (akademische Heilberufe/Ärzte laufen über Konsortialführer Allianz Leben, das weitere Klinikpersonal, v.a. PflegerInnen, werden wiederum über SwissLife abgewickelt). Es scheint fast als stecken Sie hier in einer Patt-Situation. Versicherungsunternehmen, die nicht bei Munich Re rückversichert sind, haben offenbar kein Interesse daran bei Ihrem Tool mitzumachen.
Dem und Ihrer Argumentation folgend, müsste ein Versicherungsmakler, der ja verpflichtet ist eine bestimmte Marktbreite abzubilden, nun auch noch RIVA – ein Tool, dass ebenfalls eine Unterstützung bei der Risikoprüfung sein soll – komplett durchlaufen lassen. Dort nehmen teilweise die gleichen, aber auch eine Reihe anderer Versicherungen teil. Die aktuellen Teilnehmer sind: Alte Leipziger, Allianz, Basler, Continentale, Canada Life, Dialog, Die Bayerische, Europa, ERGO, HDI, Volkswohlbund, WWK, Zurich. Dann gibt es weniger, aber noch immer locker 10 andere relevante Anbieter, die eventuell auch noch in Frage kommen. Sollen wir für unsere Interessenten auch noch die Risikoprüfung der übrigen Versicherer übernehmen?
Ja, richtig. Die haben ja inzwischen in Ihren Beratungstechnologien eingebaute Risikoprüfungstools. Wie praktisch, dann könnte man ja vielleicht auch wieder ein paar Stellen streichen, wenn die Vermittlerschaft nur unclever genug ist, auch das einfach mal mit sich machen zu lassen. Man kann dann gerne auch noch mal 2 oder 3 Anbieter durchgehen. Ist ja so herrlich schnell (die immer wieder neue Einarbeitung in die Eigenheiten des jeweiligen Anbieter kostet den Vermittler locker eine halbe Stunde pro Risikoprüfung). Wenn sich das jetzt ein wenig chaotisch anhört, dann weil es auch komplett chaotisch ist. Nicht umsonst bieten weiterhin alle namhaften Einkaufsgemeinschaften (gemeinhin als Maklerpools und gelegentlich als Genossenschaft bezeichnet) weiterhin die Unterstützung bei der Einzelanfrage von Versicherungsgesellschaften an.
Mehr verraten als nötig?
Kann es passieren, dass Versicherungen über Risikovoranfragen und Risikoprüfungstools mehr Informationen erhalten, weil Abfragen getätigt werden, die im Fragebogen der jeweiligen Versicherungsgesellschaft gar nicht enthalten waren? Ganz klar: Ja! Und in dem Moment wo aus der Anonymität herausgegangen wird (Anmerkung: der Antragsprozess mit den beschriebenen exakten Preisen und allen notwendigen Dokumenten kann nur fortgesetzt werden, wenn nun der vollständige Name und weitere Angaben zum Interessenten gemacht werden), ist auch klar um wen es sich handelt. Stellt sich nur die Frage, ob jeder Kunde das auch so gewollt hat.
Vorteile von vers.diagnose aus Maklersicht
Es kann umgekehrt auch passieren, dass z.B. der Abfragezeitraum zu bestimmten Krankheitsbildern in vers.diagnose oder in RIVA kürzer ist als in den Gesundheitsfragen gemäß Antrag einer bestimmten Versicherungsgesellschaft. Wenn das so ist, kann daraus ein echter Vorteil auch für den Kunden entstehen. Versicherungsmakler sind weder ausgebildete Risikoprüfer mit entsprechenden nachgewiesenen Kenntnissen so sind sie Ärzte oder gar Ärzte, die medizinisches und versicherungstechnisches Risiko annähernd zweifelsfrei einordnen können. So kann ein Risikoprüfungstool bei unbekannten Diagnosen dem ein oder anderen Kollegen dazu dienlich sein, einfach mal anzutesten, welche Chancen bestehen. Ich persönlich halte das für Zeitverschwendung – auch weil so etwas in einem sehr viel einfacherem Tool abgebildet werden kann oder schon in PDF-Form existierende Listen zu Tendenzen genutzt werden können.
Nicht Franke&Bornberg, sehr wohl aber die (Markt-)Entwicklung ist verantwortlich
Festzuhalten bleibt, dass nicht Franke&Bornberg die Verantwortung dafür trifft, dass das Feld der Risiko- und Gesundheitsprüfung eine solche Entwicklung nahm. Ein Software-Anbieter von Analyse- und Beratungstechnologie ist mehr marktbegleitend, im besten Fall positiv mitwirkend aktiv. Jedoch fand im Markt der Arbeitskraftabsicherung in den letzten 20 Jahren eine rasante Entwicklung statt hin zum konsequenten „Aussieben“ vorgeblich „schlechter Risiken“. Gleichzeitig wurde die Gesundheitsbranche immer Ideenreicher in Punkto „erfundene Krankheiten“ sowie deren Heilmittel (siehe Pharmalobby) und Kommerzialisierung des Sektors.
„Als ich Medizin studieren durfte, war das ein Privileg für die besten eines Jahrgangs. Wer nicht so genau wusste, was er werden wollte, machte erstmal BWL. Wer hat heute im Krankenhaus das Sagen? Die Betriebswirte! Da ist doch in den letzten 20 Jahren irgendwas schief gelaufen, oder?“
Und das schreibe ich obwohl ich selbst BWL studiert habe. Er hat Recht! Konkret wirkt sich das darin aus, dass bei genauerem Hinsehen u.a. Diagnosen nur deshalb gestellt werden, weil es mehr Geld bringt. Das Ungetüm nennt sich Fallpauschale oder besser noch weniger verständlich DRG. Wie wir heute wissen, schützt uns unser Gesundheitssektor zu oft nicht einmal mehr vor großen und unnötigen Eingriffen. Im Gegenteil, es wird offenbar ohne jeden Grund operiert wo andere Therapien nicht nur günstiger, sondern auch wirkungsvoller wären. Von den zusätzlichen Risiken, die mit OP’s im Zusammenhang stehen gar nicht zu reden. Eines aber bleibt. Die davon betroffenen Menschen erhalten regelmäßig keinen Versicherungsschutz und wenn sie Ihn doch erhalten, so bekommen sie ihn immer öfter nur wegen des fast schon heldenhaften Einsatzes von Versicherungsmaklern. Nur eine Randnotiz: Dieser zusätzliche Einsatz wird natürlich nicht gesondert vergütet. Das wird gemacht, weil sich einige dieser ausnahmslos kleinen Unternehmen leisten können auf Grund Ihrer Spezialisierung, Ihres Know-Hows und den damit verbundenen Skaleneffekten.
Das kann vers.diagnose nicht lösen
Ein Risikoprüfungstool kann diese Problematik nicht lösen – jedenfalls nicht heute und auch nicht in einem Jahr. Ansätze dafür könnten Versicherungsmakler schon liefern, aber was soll der Anlass dafür sein? Stand heute muss ein echter Mensch her (irgendwie auch beruhigend gut so). Ein Versicherungsmakler wird in enger Abstimmung mit Kunden und Versicherungen ein erhaltenes Votum prüfen, oft zurückweisen und nachverhandeln. Typisch ist dann die Frage an den Versicherer: „Was muss die Interessentin liefern, damit ihr sie (ohne Risikozuschlag) annehmt? Eine Kontrolluntersuchung? Ein Test mit XY? Die Bestätigung des behandelnden Arztes, das die (Verdachts-)Diagnose auf sich als unbegründet erwiesen hat?“ und so weiter und so fort.
Ich wünschte, es wäre einfacher. Gegen pauschale Urteile – à la der Versicherungsmakler Tobias B. würde arbeiten wie die Kritiker von Nikolaus Kopernikus im ausgehenden Mittelalter – werde ich mich zugunsten meiner Kollegen weiterhin wehren. Meine Hoffnung ist aber noch eine ganz ander und ich wünsche mir, dass dies zum Ausdruck gekommen ist. Das kooperative Element im Sinne von ‚besser werden für Verbraucher‘ sollte das bestimmende Element in unserer Branche werden. Dabei geht es mir um echten Verbraucherschutz, der in unserem Land allzu oft durch wenig qualifizierte Laiendarsteller repräsentiert wird und somit das Gegenteil von dem bewirkt, was nötig ist. Es geht um Sicherheit für möglichst viele Menschen.
*Anmerkung: Vermittler nutzen das Tool komplett kostenfrei. Sie zahlen bislang mit einem zeitlichen Mehraufwand und mit Eingaben zur Verbesserung des bestehenden Prozesses.
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